Hakone - Zu Fuß ist soo yesterday!
23. Februar 2010
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Angestachelt durch die Aufforderung Steffies, sich bloß noch einmal den Fujisan anzuschauen, bevor ich meine Reise nach Kyoto antrete, habe ich mich relativ spontan am folgenden Morgen auf den Weg nach Hakone gemacht. Laut Reiseführer sollte man von dort aus nicht nur den Fujisan sehen, sondern auch noch weitere touristische Highlights miterleben können.
Die ersten Eindrücke von Hakone bekommt man bereits bei der Planung eines Tagesausfluges in besagte Region: ich habe noch nie in meinem Leben so viele verschiedene Fortbewegungsmittel an nur einem Tag benutzt wie an diesem. Zunächst bin ich mit der Metro von Akasaka nach Yoyogi-uehara gefahren, um dort mit einer Art S-Bahn der Odakyu Odawara Line nach Odawara weiter zu fahren. Im Anschluss daran habe ich dann einen normalen Zug mit dem Ziel Hakone-yumoto genommen, um dort dann direkt mit einem anderen Zug nach Gora weiterzufahren. Dort angekommen, bin ich dann per Cablecar, also einer Art Zug, die aufgrund der hohen Steigung per Kabel einen Berg hinaufgezogen wird, nach Souzan gefahren. Dann ging es weiter per Ropeway, also per Seilschwebebahn, nach Owakudani. Dann wieder in die Seilschwebebahn nach Tagendai, dann weiter per Schiff über den See Ashi nach Hakonemachi, von dort aus weiter per Pedes nach Moto-Hakone, um dann per Bus wieder nach Hakone-yumoto zu fahren, um DANN schlussendlich den Heimweg über Odawara, etc. anzutreten.
- Zusammenfassung der Transportmittel
- Metro: 2x
- S-Bahn: 2x
- Zug: 3x
- Cablecar: 1x
- Schwebebahn: 2x
- Schiff: 1x
- Zu Fuß: 1x
- Bus: 1x
Ihr mögt euch jetzt fragen, warum ich das ganze so in aller Ausführlichkeit beschreibe. Die Antwort: Weil ich ein totaler Vollidiot bin, da ich bei der Planung übersehen habe, dass es ein Ticket mit dem Namen Hakone Free Pass gibt, mit dem ich hätte viel Geld sparen können. Beim nächsten Tagestrip dieser Größenordnung unterläuft mir der Fehler sicher nicht mehr!
Aber nun zum eigentlichen Ausflug: Wie sich aus dem oben bereits geschildertem Ableiten lässt, ist Hakone touristisch vollkommen erschlossen. Damit meine ich, dass sämtliche auf diesem Weg liegenden Attraktionen zum einen relativ leicht zu finden sind, allerdings bringt das auch mit sich, dass sämtliche Sights, die darauf warten gesehen zu werden, vollkommen mit Touristen überflutet sind. Und ich war auf einem Freitag morgen da. An das Wochenende mag ich gar nicht erst denken.
Owakudani
Das Tal namens Owakudani befindet sich auf über 750m Höhe (wenn ich mich recht erinnere) mitten in einem Vulkangebirge. Bekannt ist Owakudani für die zahlreichen heißen Quellen, die fortwährend vor sich hin qualmen, für die darin gekochten Eier, die sich aufgrund des schwefelhaltigen Wassers beim Kochen schwarz färben und die - so der Mythos - beim Verzehr das eigene Leben um 7 Jahre verlängern und desweiteren für den phänomenalen Ausblick auf den Berg Fuji.
Natürlich habe auch ich, wie alle anderen Besucher einen Teil des Berges dort zu Fuß erklommen um an einer kleinen Hütte mehrere der besagten Eier zu erstehen. Ich glaube in der Regel zwar nicht an irgendwelche übermittelten Mythen und Legenden, aber schaden kann es ja auch nicht. Denke ich zumindest. Habe daher beschlossen direkt mal zwei Eier zu essen und auf Nummer sicher zu gehen: eins für mich und eins für die daheim gebliebene Heike. Wie gesagt, schaden kann es ja nicht. (An dieser Stelle sei übrigens noch ein mal erwähnt, dass ich wirklich oft an euch daheim denke und ich mich, auch wenn es hier sehr schön ist, schon darauf freue, euch alle wieder zu sehen!)
Widmen wir uns den Quellen und dem damit angeblich verbundenem, schwefeligem Geruch: ein einigen Orten riecht es wirklich extrem nach Schwefel, an anderen wiederum behaupte ich, dass der schwefelartige Gestank aus dem übermäßigem Eierverzehr der nach Lebensdauer lechzenden Touristen und den damit möglicherweise verursachten Blähungen stammt. Könnte schwören, dass die Quellen auf dem Berg nicht unbedingt das einzige sind, was da gelegentlich mal vor sich hin qualmt.
Mein eigentliches Ziel lautete jedoch, den Berg Fuji von hier oben aus zu fotografieren. Leider wollte auch dieses mal das Wetter nicht richtig mitspielen und das gleich zweierlei: Zum einen waren sämtliche Wanderwege zu erhöhten Punkten aufgrund von erhöhtem Schneefall verursachten Landrutschen gesperrt, zum anderen war es zu bewölkt, um einen Blick auf den Fujisan werfen zu können. Blöd gelaufen, würde ich sagen.
Der Ashinoko
Also wieder zurück zur Seilbahn und den Berg der ewigen Blähungen den Rücken kehren. Bei der Fahrt hinab bietet sich ein ähnlich tollen Panorama, wie bei der Fahrt hinauf auf den Berg. Dieses mal jedoch mit einem See und.... PIRATENSCHIFFEN?!?
Es ist mir schleierhaft, was Piraten auf einem relativ übersichtlichem See wie diesem gewollt haben sollten, aber dass dann da auch gleich noch drei davon auf dem gleichen See unterwegs sind, damit habe ich nicht gerechnet. Bei näherer Betrachtung auf geringerer Distanz wurde mir folgende Dinge schlagartig klar:
1) Bei den Piratenschiffen handelte es sich tatsächlich um die Schiffsverbindung, die ich nutzen wollten, um nach Hakone-matchi zu gelangen
2) Dieser Ort ist mehr auf Tourismus getrimmt, als es mir lieb ist.
3) Diese Piratenschiffe haben motoren!
4) Touristen sind bescheuert.
Die Überfahrt dauerte nur ein halbe Stunde und war ihr Geld auch halbwegs wert. Wenn ich nicht schon soooo viele Seen und Flüsse in meinem Leben gesehen und befahren hätte, wäre ich vermutlich genauso begeistert davon gewesen, wie sämtliche mitfahrende Touristen, welche sich ohne Unterlass vor einem aus Pappkameraden mit Piratenkapitänsoutfit gegenseitig in allen erdenklichen Posen fotografierten. Für mich fühlte es sich, abgesehen von der recht netten Aussicht auf die umliegenden Gebirge, wie eine halbe Stunde rumstehen auf Deck und darauf warten, dass es endlich weitergeht an.
Der Tokaido Checkpoint
Weiter ging es dann in Hakone-matchi mit dem Fußweg nach Moto-hakone. Nach wenigen Metern hat man dort die Möglichkeit einen komplett auf der Grundlage alter Karten und Dokumente originalgetreu nachgebauten Kontrollpunkt auf dem Tokaido zu besichtigen. Der Tokaido war lange Zeit eine der wichtigsten Handelsstraßen in Japan und die darauf errichten Kontrollstationen dienten damals als Zoll- und Kontrollstationen für Reisende, Händler und Samurai. Zusätzlich zu den dort nachgebauten Gebäuden findet sich dort auch noch ein kleines Museum, in dem man neben besagten grundlegenden Dokumenten auch einige Kleidungsstücke, Werkzeuge und Malerien aus jener Zeit betrachten kann. Leider war es im Museum verboten zu fotografieren, jedoch kann ich die Fotos der Gebäude wirklich jedem ans Herz legen, da diese - so glaube ich zumindest - einen kleinen Eindruck vom Leben und treiben an einem solchen Stützpunkt geben können.
In meinem Reiseführer habe ich noch die Auskunft erhalten, dass sich ein Stück der restaurierten Handelsstraße ganz in der Nähe befinden sollte, welche zu beiden Seiten mit alten japanischen Zedern begrenzt ist. Diese Auskunft weckte in mir doch noch die letzte Hoffnung, etwas abseits der üblichen Touristenströme wandern zu können, welche jedoch Dank der bereits ziemlich fortgeschrittenen Zeit und der fehlenden Ausschilderung jäh wieder zerstört wurden. So habe ich mich bei sinkender Sonne und wenig Lust auf die Aussicht bei rapide hereinbrechender Dunkelheit allein ohne Handy durch die Wildnis ziellos umherzuirren dazu durchgerungen, vernünftiger Weise den Rückweg anzutreten. Ich werde wohl nie herausfinden, ob ich dort wirklich etwas verpasst habe oder nicht. Sollte jemand von euch schon einmal diesen Weg beschritten haben, so lasse er mich bitte an seinen Erfahrungen teilhaben, damit ich auch in Zukunft ruhig schlafen kann!
4 Kommentare
Katsumoto sagt:
#1
Hi Simon - San,
schön das auch mal zu den alten Handelswegen meiner Ahnen wanderst.
ZU dem Schiff das ist ja mal richtig albern! Da hätten sie dann auch ein Steuerrad hinstellen können mit einem CLUB Animateur. Anstatt so einer Figur
das kriegen die sogar im HeidePark hin.
Haben die Eier gut geschmeckt? Hat es aus dir auch schwefelig gequalmt?
Wenn ja, meinst du , du schaffst es sieben Jahre länger wenn der Prozess der verwesung schon einsetzt????
Gruss aus Hamm
Ben
vor 15 Jahren
Sven sagt:
#2
Die Eier sehen aus wie Pflaumen ^^
vor 15 Jahren
Stefan sagt:
#3
Simon!
Dicke Sache mit mit Japan! Bin übers Studi auf deinen Blog aufmerksam geworden. Werde fortan häufiger hier vorbeischauen und dein Tagebuch lesen.
Beste Grüße
Stefan
vor 15 Jahren
Martin sagt:
#4
Hi Simon, bring mal einen 20ger- Pack von diesen schwarzen Eiern mit. Wenn sich das Leben pro Ei um 7 Jahre verlängert, eß ich alle auf einmal. Auch wenn ich vermutlich mein Leben lang nach Schwefel rieche. Gilt eigentlich auch der Umkehrschluss? Wenn jemand ein schwarzes Ei hat und ich es ihm wegnehme, lebt derjenige 7 Jahre weniger? -Scherzchen weg, mal ernst. Deine berichteten Erlebnisse sind wirklich beeindruckend. Schön, das ich auf diesem Wege was von Japan erfahre.
Grüße aus Hamm,
Martin
vor 15 Jahren