japan ruft - miterleben. austauschen. sonst nichts.

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Angekommen in Kyoto, habe ich mich am nächsten Tag aufgemacht, meine nähere Umgebung zu erkunden. Nach einem eingehendem Studium meiner beiden Reiseführer habe ich dann festgestellt, dass ich wirklich MITTEN in Kyoto wohne. Also morgens halbwegs früh aufgestanden und anschließend frohen Mutes die Shijo-dori hinunter marschiert, um dann weiter in das Viertel namens Gion zu laufen. Die Shijo-dori selbst ist eine wirklich lange Einkaufsstraße, die an beiden Seiten von unzähligen Boutiquen, Kaufhäusern und Shops gesäumt wird. Wenn man viel Geld ausgeben möchte, wird man hier sicherlich fündig - was auch immer man suchen mag.

Erste Station: der Yasaka-Schrein

Nachdem ich also etwa eine Stunde von meinem Apartment aus entlang der Shijo-dori gewandelt bin, ständig bedrängt in einen Kaufrausch zu verfallen, und die kleine Brücke am Fluss Kamo überquert hatte, bin ich zunächst auf einen riesigen Schrein gestoßen: der Yasaka-Schrein, welcher zudem das, vom Reiseführer als „Wein, Weib und Karaoke“ bietende, beschriebene Stadtviertel auf einer Seite begrenzt und damit den Ausgangspunkt meiner kleinen Wanderung durch Gion darstellt.
Am auffälligsten ist hier wohl das große, rot leuchtende Eingangstor, welches im Jahr 656 errichtet wurde und zu beiden Seiten von den üblichen Shishi-Statuen bewacht wird. Shishi sind Kreaturen von löwenartiger und hundeartiger Mixtur und werden häufig in zwei verschiedenen Versionen an solchen Toren angebracht: eine Statue hat meist das Maul geschlossen, während ihr gegenüberliegender Nachbar das Maul weit geöffnet hat. Dies soll den Lauf des Lebens darstellen - ein geöffneter Mund, welcher für den Laut „Ah“ steht, soll den Anfang des Seins widerspiegeln; der für den Laut „Un“ stehnde, geschlossene Mund stellt hierbei das Ende desselbigen dar. Weiterhin sollen jene Statuen wohl für dafür sorgen, böse Geister und Unholde von den zu bewachenden heiligen Orten fernzuhalten.
In der Tempelanlage selbst gibt es ebenfalls das Übliche zu bewundern, einzig die von vielen Laternen geschmückte Bühne des Tempels im Zentrum der Anlage sticht sichtlich hervor. Glücklicherweise habe ich zwischendurch so dermaßen herumgetrödelt, dass ich erst im Dunkeln meinen Heimweg angetreten habe. Somit hatte ich die Chance, die Laternen auch „in Aktion“ zu erleben (siehe Fotos unten).

Zweite Station: der Ishibe-Koji-Weg

Durch den Südeingang (das ist der Eingang, der von einem riesigen grauen Beton-torii begrenzt wird) habe ich dann den Tempel verlassen, um mich weiter in Richtung der schönsten Straßen Gions aufzumachen - doch dazu später mehr. Ich bin wirklich froh, dass ich mir vor der Reise den Japan Reiseführer von Vis-A-Vis zugelegt habe, da ich wohl sonst die schönste Gegend dort verpasst hätte: so bin ich nach einigen Querstraßen links in den Ishibe-Koji-Weg eingebogen, der glücklicherweise so ziemlich „ins Nichts führend“ ausschaut, sodass sich dort der Touristenstrom arg in Grenzen hält. Entlang des Weges finden sich links und rechts einige uralt aussehende, den Flair eines „alten Japans“ versprühende (welchen ich in Tokyo doch sehr vermisst habe) Tee- und Wohnhäuser. Auch hatte ich dort das Glück, eine Geisha anzutreffen: Ich habe selten eine Frau mit so viel Anmut und Würde eine Straße hinabschreiten sehen. Beeindruckt von der fremdartigen „Schönheit“ (welches sicherlich diskutabel ist) habe ich mich leider auch direkt mal nicht getraut, ein Foto von ihr zu schießen - wenn ihr also eine Geisha sehen wollt, müsst ihr schon selbst hier her fahren, schätze ich...

Dritte Station: Nene-no-michi und der Kodai-ji

Praktischer Weise endet der oben beschriebene Weg auf der Nene-no-michi („Nenes Straße“) welche nach der Frau Toyotomi Hideyoshis benannt wurde. Jener gilt heute als einer der drei Reichseiniger Japans. Hier etwas Halbwissen dazu: Toyotomi Hideyoshi war einer der Generäle, die auf Seiten Oda Nobunagas kämpften, während dieser Versuchte, möglichst viele andere daimyo in Japan (also quasi Großgrundbesitzer) zu besiegen und deren Ländereien an sich zu reißen, um sein Herrschaftsgebiet weiter auszudehnen. Glücklicherweise starben Nobunagas beiden schlimmsten Feinde, Takeda Shingen und Uesugi Kenshin, bevor es zu einem wirklich Kampf zwischen ihnen kam und nachdem er dann im Jahr 1575 den Takeda Clan kriegerisch unterworfen hatte, zog er sich siegreich in sein Schloss Azuchi-jo zurück. Sieben Jahre später wurde er jedoch in jenem Schloss durch seinen eigenen General mit Namen Mitsuhide Akechi in einer Revolte dazu gezwungen seppku (ritueller Selbstmord / wird bei uns oft als harakiri bezeichnet) zu begehen. Toyotomi Hideyoshi erfuhr dies und machte sich auf den Weg, seinen Herren zu rächen - und dies mit Erfolg.
Zurück zu Nene: Sie war die Frau besagten Toyotomi Hideyoshis und lies nach seinem dahinscheiden einen Tempel im Jahr 1605 als seine Ruhestätte im zu Ehren errichten. Ihr zu Ehren wurde später nach ihrem Tod dann eingangs genannter Weg benannt.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich habe mich aufgemacht, den Kodai-ji besichtigt, dann noch den nahe gelegenen Ryozen-kannon fotografiert (24 Meter hohe Betonfigur, welche den im zweiten Weltkrieg gefallenen japanischen Soldaten gewidmet ist) und bin dann weiter gezogen, um zwei zweitere schöne Gässchen zu betrachten.

Vierte Station: Ninenzaka und Sannenzaka

Diese beiden Gassen, welche zum ultimativen Ziel dieser Reise führen (dem Kiyomizu-dera), sind wohl die malerischsten Einkaufspassagen, die ich in Kyoto bisher gesehen habe. Der Name der Gassen rührt von ihrer Bauweise her: es sind beides Pflasterstraßen mit teilweise recht krummen und steilen Treppen, welche dazu einladen zu stolpern oder auszurutschen. Die Legende besagt, dass wenn man auf jenen Straßen hinfällt, man entweder 2 Jahre (ninen) oder 3 Jahre (sannen) Unglück davon trägt. Ich bin zum Glück weder hingefallen noch ausgerutscht noch sonst etwas. Das einzige, was ich hier gemacht habe, ist wirklich viel Geld ausgeben: hier findet man einen Souvenir-Laden neben dem anderen und alle laden zum längeren Verweilen ein.

Fünfte Station: Kiyomizu-dera

Der Kiyomizu Tempel bot mir einen wirklich schönen Ausblick über Kyoto und mal wieder das übliche Tempelzeugs - dieses mal allerdings mit einer kleinen Pagode. Ich habe mich dort nicht allzu lang aufgehalten aus folgendem Grund: am Eingang habe ich ein Plakat erspäht, dass für die Zeit vom 13.03. bis zum 22.03.2010 ein Illuminations-Event ankündigt. Daher werde ich spätestens am 13.03. versuchen, erneut hierher zu kommen, um diesen Tempel bei perfekter Ausleuchtung in der Nacht zu besichtigen und somit hoffentlich ein paar schöne Erinnerungen an meine Japanreise zu den bereits gemachten hinzufügen zu können.

P.S.
In meinen Reiseführern wird Gion immer als „das Geisha-Viertel bezeichnet“. Dieser Name kommt daher, dass in Gion einer der letzten Orte ist, in denen noch Geishas in Japan ausgebildet werden. Diese werde im Übrigen in Kyoto nicht als Geisha, sondern als Meiko, d.h. Geisha in Ausbildung und als Geiko, d.h. fertig ausgebildete Geisha, bezeichnet. Mehr zu Geishas findet ihr hier, hier und hier natürlich auch.

1 Kommentar

Nora sagt:

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Hey,
Vis-a-Via-Reiseführer kann ich auch allgemein jedem empfehlen, hab schon drei davon (natürlich nicht den von Japan), waren immer äußerst nützlich, vor allem die gezeichneten 3D-Ansichten.
Totoro , yay!
Gruß, Nora

vor 15 Jahren